Mal wieder ist das deutsche Schulsystem in der Kritik. Eine aktuelle Bertelsmann-Studie zeige deutlich, dass unser Schulsystem kaum Chancen auf einen Aufstieg bietet. So wird zumindest allgemein argumentiert (Spiegel, Stern, Focus usw. jeweils in der Onlineversion).

Als ehemaliger Ausbildungsleiter verfüge ich über sehr umfangreiche Erfahrungen mit den Schulabgängern von verschiedenen Schulformen. Diese Erfahrungen beziehen sich einerseits in der Beurteilung der Auszubildenden (Kenntnisse, Sozialisation usw. ) als auch auf die Informationen, die ich von unseren Azubis über Ihre Erfahrungen in den Schulen erhalten habe. Und nicht zuletzt auch noch die Erfahrungen im Umgang mit Lehrkörpern verschiedener Schulformen.

Alles zusammen gefasst kann ich als „Insider“ da nur verwundert mit dem Kopf schütteln. Denn die Fehler im deutschen Schulsystem sind so offensichtlich, dass es schon verwundert, dass die verantwortlichen Politiker nicht dagegen einschreiten.

An dieser Stelle kann ich die Thematik nicht komplett behandeln. Dies würde sicherlich zu weit führen. Aber ein paar exemplarische Punkte möchte hier trotzdem mal anführen.

Beginnen wir mit dem allgemein bekannten Sprachproblem. Ich habe sowohl türkische als auch libanesische Nachbarn. Im Sommer, bei schönem Wetter kann man da ja sehr schön die Gespräche der Nachbarn im Garten oder auf dem Balkon mithören. Und da hört man leider nur Gespräche mit, die man nicht verstehen kann wenn man lediglich der deutschen Sprache mächtig ist. Die Kinder lernen dann Ihre ersten vernünftigen deutschen Sätze im Kindergarten zu formulieren. In der Schule haben diese Kinder dann mit großen sprachlichen Hürden zu kämpfen. Vom sozialem Aufstieg sind diese Kinder so weit entfernt wie ich vom Mond.

Aber dieses Problem betrifft mittlerweile nicht nur Kinder mit ausländischen Wurzeln sondern auch viele deutsche Kinder aus den unteren Gesellschaftsschichten. Denn auch die werden von den sprachlichen Mängeln Ihrer Mitschüler und Eltern beeinflusst. Ich habe zu meinem Entsetzen festgestellt, dass es deutsche Kinder gibt, die genau so schlecht und grammatikalisch falsch sprechen wie Ihre aus dem Ausland stammenden Mitschüler. Also nicht das Positive hat auf die restlichen Kinder abgefärbt, sondern das Negative hat sich durchgesetzt. Und an die nächste Generation werden die schlechten Spracheigenschaften weitergegeben. Ein Aufstieg solcher Kinder ist praktisch unmöglich. Und da besitzt der Herr Erdogan noch die Frechheit seine hier ansässigen Landsleute aufzufordern die türkische Sprache zu pflegen. Dümmer geht es wirklich nicht.

Aber auch die Einsatzbereitschaft der Lehrer lässt deutlich zu wünschen übrig. Solange es Lehrer und sogar Schulleiter gibt deren Einsatzbereitschaft am Schulhoftor endet darf sich niemand über die schlechte Erziehung und Sozialisation wundern. Beispiel gefällig? In der Nähe meiner Wohnung befindet sich eine Bushaltestelle, die regelmäßig von Schülern einer benachbarten Hauptschule zugemüllt wird. Die Schule nimmt sich davon nichts an, weil Sie lediglich für das Schulgelände zuständig sei. Bei so viel Motivation und Einsatzbereitschaft des Lehrkörpers wundert die Ignoranz der Schüler kaum. Aber nicht nur die Pädagogen sehen das (erzieherische) Problem recht locker. Auch der Bürgermeister sowie das Ordnungsamt sehen keine Möglichkeit etwas dagegen zu tun.

Dies war und ist übrigens auch der Hauptgrund, warum ich meine langjährige Anstellung als Ausbilder aufgegeben habe. Denn wir als betriebliche Ausbilder als letztes Glied in der Kette müssen nicht nur die mangelhaften Kenntnisse der Jugendlichen ausgleichen sondern auch die fehlende Erziehung und Sozialisation. Wenn man im ersten Ausbildungsjahr damit beginnen muss die Grundrechenarten zu vermitteln und die grundlegenden gesellschaftlichen Umgangsformen dann macht der Beruf des Ausbilders wirklich keinen Spaß mehr.