Bei der Finanzial Times Deutschland laß ich letztens, dass Arbeitsmarktforscher der Meinung sind, dass sich die Chancen auf dem Arbeitsmarkt für ältere Arbeitnehmer drastisch verbessern werden. Mit dieser Argumentation kann sicherlich gut die schrittweise Einführung der Rente ab 67 durch unsere Regierung begründet werden. Die Opposition und auch die Gewerkschaften argumentieren dagegen mit den aktuellen Zahlen. Demnach geht zur Zeit bei den 60- bis 64-Jährigen nur 25 % einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach.
Nun, was wird denn jetzt wohl richtig sein? Ich persönlich bin durch meine akademische Ausbildung an Faktenwissen gewöhnt. Und insofern gefällt mir die Argumentation der Gewerkschaften wesentlich besser, weil sie auf aktuellen Fakten beruht. Vermutungen, Schätzungen, Hochrechnungen und sonstige Modelle um die Zukunft vorauszusagen haben sich im Laufe der Menschheitsgeschichte als relativ unglaubwürdig erwiesen. Daran hat sich auch in der modernen Zeit nicht viel geändert.
Aber betrachten wir einmal die Fakten.
Auf dem Arbeitsmarkt ist es für ältere Arbeitnehmer recht schwierig eine neue Anstellung zu finden. Als langjähriger Mitarbeiter eines Bewerbungszentrums habe ich reichlich Erfahrungen mit älteren Arbeitnehmern. Und aus diesen Erfahrungen kann ich nur sagen, dass es auf dem Arbeitsmarkt bereits ab dem Lebensalter 50 sehr eng wird. Für schlecht ausgebildete Arbeitnehmer ist in dieser Altersklasse bereits vollkommen Schluss, sofern Sie nicht schon ab dem 40. Lebensjahr Probleme auf dem Arbeitsmarkt haben.
Angeblich sollen ja zunehmend geburtenschwache Jahrgänge einen Fachkräftemangel auslösen. Moment mal: Wir haben (offiziell) um die 3 Millionen Arbeitslose und die Regierung und die Presse wollen uns Glauben machen wir hätten einen Fachkräftemangel. Falls das wirklich stimmen sollte, wäre eine Änderung wirklich notwendig und dringend angeraten. Allerdings nicht das Rentenrecht. Vielmehr unser Schul- und Ausbildungssystem. Hauptschulklassen mit 30-40 Schülern in der Klasse von denen oftmals die meisten nur ein gebrochenes Deutsch sprechen. Da gibt es sicherlich reichlich Handlungsbedarf. Sicherlich können die Kinder in Klassen mit 10-15 Schülern besser lernen. Und den Pädagogen wäre damit sicherlich auch geholfen. Dann müßten wir bei 3 Millionen Arbeitslosen auch nicht Angst haben, von einem Fachkräftemangel bedroht zu werden. Aber statt das Geld in die Ausbildung unserer Kinder und Jugendlichen zu stecken wird es lieber von den Agenturen für Arbeit und den Argen verbraten.
Meiner Meinung nach liegen die Beweggründe der Befürworter der Rente ab 67 ganz woanders. Die Rentenkassen zeichnen sich zur Zeit durch gähnende Leere aus. Jede Hausfrau hat das schon einmal erlebt und weiß, wie man dem Problem beikommt ohne Schulden aufzubauen. Entweder muß man die Einnahmen erhöhen oder die Ausgaben senken. Übertragen auf die Rentenkasse also höhere Beiträge oder geringere Ausgaben. Und wenn man die Regelaltersgrenze auf 67 erhöht, spart man Ausgaben (Rentenzahlungen) ein. Denn entweder warten die Menschen ein paar Jahre länger bis zum Rentenbezug, oder sie gehen vorzeitig in den Ruhestand (weil Sie es sich finanziell erlauben können oder durch Arbeitslosigkeit dazu gezwungen werden). Auf jeden Fall spart die Rentenkasse ganz schön Geld ein. An der Tatsache das die meisten Menschen bereits vor erreichen der Altersruhegrenze in den Ruhestand gehen, wird sich durch die Erhöhung auf 67 wohl kaum etwas ändern.