Seit unsere Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) Mitte März die Studie der Universität Stuttgart vorstellte springen alle auf den fahrenden Zug auf. Für diejenigen, die es nicht mitbekommen haben: Laut der Studie werden bundesweit irrsinnige Mengen Lebensmittel einfach weggeworfen obwohl sie noch genießbar sind. Bereits in meinem Artikel „Werfen Sie Speisereste leichtfertig weg?“ habe ich meine prinzipielle Zustimmung zu dieser Thema ausgesprochen. Der aufmerksame Leser wird bei der Lektüre meines Beitrag allerdings gemerkt haben, dass ich das Thema Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) sorgfältig vermieden habe. Wie sich herausgestellt hat zu recht.

Das hat damit zu tun, dass ich meinen Kopf bzw. das was sich darin befindet benutze bevor ich meine Meinung kund tue. Denn einfach pauschal der Bevölkerung zu sagen, man könne Lebensmittel auch nach Ablauf des MHD unbeschadet für den menschlichen Verzehr nutzen hielt ich bereits damals für recht gewagt. Frau Bundesministerin hat sich da recht weit aus dem Fenster gelehnt.

Nun ja, die Realität hat mich eingeholt. In unserem Bekanntenkreis hat ein junger Mann (24 Jahre, Student) sich nämlich genau aus diesem Grunde eine gewaschene Lebensmittelvergiftung eingefangen. Und zwar wollte der junge Mann seinem Körper was gutes tun und sich mit Salat verwöhnen. Daher kaufte er im Supermarkt eine preislich herabgesetzten, fertig zerkleinerten Salatmischung bestehend aus verschiedenen Salaten. Sie wissen wahrscheinlich was gemeint ist. Trotzdem habe ich mal ein Beispielfoto beigefügt. Die abgebildete Marke war es übrigens nicht.

Fertigsalat

Aber auf die Marke kommt es hier ja auch gar nicht an. Wie auch immer, die Salatmischung war bereits seit zwei Tagen abgelaufen und entsprechend im Preis reduziert. Und da Studenten ja finanziell meist recht knapp sind nahm das Unheil seinen Lauf.

Mittlerweile ist der junge Mann wieder auf der Höhe. Aber mir als kritischen Bürger drängen sich da schon einige Fragen auf.
Wie kann man als Bundesministerin der Bevölkerung solch platte und dubiose Tipps geben? Stehen da vielleicht wirtschaftliche Interessen dahinter? Denn wenn es lediglich um die Mengen der weggeworfenen Lebensmittel geht, hätte doch eine Kampagne mit dem Tenor meines oben erwähnten Artikels vollkommen gereicht. Oder vielleicht sogar mehr bewirkt.
Des weiteren frage ich mich wie sorglos Lebensmitteleinzelhändler versuchen noch aus Müll ein paar Cent Umsatz herauszuschlagen. Das die Gewinnspanne gerade im Lebensmitteleinzelhandel nicht besonders hoch ist hat ja mittlerweile wirklich jeder mitgekommen. Da wird dann wirklich mit allen Mitteln um Umsatz (und Gewinn) gekämpft. Aber dabei wissentlich die Gesundheit der eigenen Kunden auf’s Spiel zu setzen ist schon ein starkes Stück.
Und zu guter Letzt bin ich über die Unwissenheit des jungen Mannes vollkommen erstaunt. Die Grundlagen der Hygiene sind doch nicht besonders schwer und doch eigentlich unmittelbar einleuchtend. Und von einem angehenden Akademiker sollte man doch auch erwarten, dass er seinen Gripps benutzen kann.

Zu guter Letzt möchte ich diesen Zwischenfall zum Anlass nehmen und einmal die Grundlagen des Umgangs mit Lebensmitteln wiederholen. Lebensmittel sind totes Material und vergammeln daher. Selbst wenn Sie einen Apfel frisch vom Baum pflücken fängt der Verwesungsprozess schon an. Zu Anfang noch sehr langsam. Der Apfel hat das große Glück durch eine Schale geschützt zu sein. Daher vergammelt der Apfel relativ langsam. Erst wenn genug Bakterien, Pilze usw. in den Apfel eingedrungen sind und sich lustig vermehren geht es dem Apfel an den Kragen. Im Prinzip verhält es sich mit allen Lebensmitteln so. Am Stück halten sie sich wesentlich länger als wenn Sie klein geschnitten sind. Nehmen Sie mal den frisch gepflückten Apfel und schneiden ihn durch. Sofort fängt es an zu oxidieren (wird braun) und schon nach ein paar Tagen wird er so unansehnlich sein, dass sie auf diesen Genuss gerne verzichten werden.
Das ist auch der Grund, warum man Gehacktes nicht aufbewahren soll. Fleisch am Stück bietet der Umwelt nur eine geringe Oberfläche als Angriffsziel. Wenn das Fleisch aber durch den Wolf gedreht wurde hat es eine exorbitant hohe Oberfläche und ist der Umgebung schutzlos ausgeliefert.

Genauso verhält es sich übrigens mit Salat. Der komplette, ganze Salatkopf ist vor der Umwelt recht gut geschützt. Ganz anders sieht es aus, wenn der Salat zerkleinert wurde. Und genau das macht ja diese Fertigsalate aus. Der große Vorteil der Fertigsalate (man hat eine schöne Salatmischung die man sich in der heimischen Küche nur schwer selber mischen kann) wird durch den Nachteil des schnellen Verderbens wieder aufgehoben.
Besser haben es übrigens die Anbieter von Suppengrün gelöst. Dort erhält man in der Regel Lauch, Sellerie, Karotte, Blumenkohl und Petersilie in einem Pack. Aber nicht zerkleinert! Das muss man in der heimischen Küche selber erledigen. Zum Glück!

Möchten Sie noch wissen wie ich persönlich mit dem MHD umgehe? Wenn es abgelaufen ist werfe ich die Lebensmittel weg. Wenn es einzelne Produkte gibt die länger haltbar sind, dann soll das gefälligst auch drauf stehen. Aber das traut sich unsere Regierung ja nicht. Ansonsten halte ich mich lieber an die Vorgaben. Denn die müssen ja schon irgendwie ermittelt worden sein. Nicht grundlos gibt es ein MHD.

Wenn ich Geld sparen möchte dann an allen möglichen und unmöglichen Dingen des täglichen Bedarfs. Bevorzugt Luxusgüter. An Lebensmitteln spare ich prinzipiell NICHT. Und wenn ich beim Einkauf die Wahl zwischen zwei ansonsten identischen Lebensmitteln habe kaufe ich sogar das, welches das längere MDH vorweisen kann. Mich würde mal interessieren, ob Frau Aigner abgelaufene Lebensmittel kauft.

Übrigens fällt mir gerade zu diesem Thema noch etwas ein. Eine gute Bekannte von mir arbeitet ehrenamtlich bei der Tafel. Die stellt bedürftigen Menschen zu äußerst günstigen Konditionen Lebensmittel zur Verfügung. Das ist eine schöne Sache die ich nur voll und ganz bejahen kann. Früher waren die Regale der Tafel mit Überproduktionen oder falsch etikettierten Lebensmitteln gefüllt. In letzter Zeit findet man auch dort immer mehr Lebensmittel, deren MHD abgelaufen ist. Nun ja, dazu kann man stehen wie man will. Aber ich habe dort schon Lebensmittel entdeckt, die wirklich nur noch für den Komposthaufen geeignet waren. Liebe karitative Einrichtungen – ein kleiner Tipp: Die Würde des Menschen ist unantastbar.